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Eva Schmidt - Ein langes Jahr

Eva Schmidt - Ein langes Jahr

Ein langes Jahr

von Eva Schmidt

 

Eva Schmidt erzählt so mitfühlend und bedacht, so teilnehmend und zurückhaltend von den kleinen Dingen des Lebens, als wären sie groß, von den großen, als wären sie klein. Sie erzählt davon, wie wir leben, allein und miteinander, und wie wir uns dabei zuschauen.
Benjamin lebt mit seiner Mutter allein, die Wohnung in der Siedlung am See ist klein, den Hund, den er gerne hätte, kriegt er nicht. Als er Joachim davon erzählt, will der sich einen schenken lassen, am besten zwei, aber Benjamin findet, Hunde sind fast wie Menschen und kein Geschenk. Eines Tages begegnet Benjamin Herrn Agostini, einem alten Mann aus der Nachbarschaft, auch er wollte sein Leben lang einen Hund. Früher als er ist seine Frau nach einem Sturz ins Pflegeheim umgezogen, jetzt hat er endlich einen, Hemingway heißt er. Aber Herr Agostini ist nicht mehr gut auf den Beinen, er weiß nicht, was aus "Hem" werden soll. Ähnlich wie Karin, die gerne wüsste, wer sich um ihren Hund kümmert, wenn ihr was zustößt, wie sie sagt. Karin ist krank, sie hat Schmerzen, niemand weiß davon. Im Baumarkt kauft sie eine Leiter, vom Nachbarn borgt sie eine Bohrmaschine ...

 

Rezension:
Eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Menschen wohnt samt der Ich-Erzählerin in einem vermutlich Bregenzer Wohnquartier. Es gibt Trennungen, es entstehen neue Beziehungen. Einige altern und müssen ihre Lebensgewohnheiten ändern. Eine Hauptfigur ist Benjamin, ein Junge, der sich einen Hund wünscht. Er lernt den gleichaltrigen Joachim kennen, der gerade die Trennung seiner wohlhabenden Eltern verarbeiten muss. Joachim macht mit der Kreditkarte seines Vaters einen Trip per Eisenbahn bis auf einen Gipfel bei Innsbruck. Benjamin trifft auf Herrn Agostini, der wegen Erkrankung zu seiner gelähmten Frau ins Altersheim zieht. Da der Junge dessen Hund Hem ausführt, darf der alte Mann diesen mitnehmen. Und da sind noch ... - Die Autorin erzählt die Geschichten ihrer vielen Hauptpersonen in kurzen, in sich geschlossenen Episoden. Allerdings benennt sie die jeweils Handelnden nicht durchgängig mit Namen, sondern nur mit den Personalpronomina. So bleiben - gerade für den langsamen Leser - die Figuren nicht vertraut. Dass der nächste Schritt einer "Beziehung" in den späteren Kapiteln wieder aufgenommen wird, ist oft nicht ersichtlich, auch wenn sich letztendlich der Hauptstrang um die beiden Buben herauskristallisiert. Durch die schlaglichtartige Gestaltung mag mancher Leser das Buch als zerrissen und unklar zur Seite legen. Wer aufmerksam bei der Lektüre bleibt, dem erschließen sich jedoch die geschilderten Beziehungen.

Quelle: www.borromedien.de